Ein Eurythmieprogramm über die Würde des Menschen und menschliches Ringen um Vollkommenheit.
Das Programm wird mit der eurythmischen Darstellung eines Ausschnittes aus der Rede über die Würde des Menschen des Philosophen Pico della Mirandola (1463 – 1494) eröffnet.
Pico sprach dem Menschen die Fähigkeit zu, seine Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen. Der Mensch ist seiner Auffassung nach nicht von Gott vorbestimmt wie alle anderen Geschöpfe, sondern kann sich aus freien Stücken bis zu einer göttlichen Stufe entwickeln oder eben auch eine absteigende Entwicklung vollziehen.
Es ist nicht verwunderlich, dass Pico sich mit solchen Auffassungen insbesondere in Rom nicht nur Freunde geschaffen hat…
Auch damit, verschiedene Weisheitslehren und Glaubensbekenntnisse nicht in erster Linie als einander widersprechend, sondern vielmehr als unterschiedliche Blickwinkel auf ein und dieselbe umfassende Weisheit zu begreifen, hat Pico in seiner Zeit bereits weit in die Zukunft gegriffen. Rudolf Steiner wird gut 400 Jahre später mit seiner Anthroposophie an diese moderne und allgemeinmenschliche Art der Betrachtung anknüpfen.
Einen Schwerpunkt des Programms bilden Gedichte von und über Michelangelo.
Michelangelos Leben und Werk knüpft deutlich an das neue Selbstbewusstsein der Renaissance und an die Idee des sich entwickelnden und sich vervollkommnenden Menschen an.
So legt ihm auch der Dichter C.F. Meyer in dem Gedicht „Michelangelo und seine Statuen“ die folgenden Worte in Mund:
„…Ihr stellt des Leids Gebärde dar,
Ihr meine Kinder, ohne Leid!
So sieht der frei geword’ne Geist
Des Lebens überwund’ne Qual…“
Michelangelo selbst beschreibt in einem Sonett die verwandelnde Kraft des Feuers und stellt das äußere Feuer, mit dem der Schmied das Eisen bezwingt, einem inneren Feuer gegenüber, das der Künstler braucht, um ein vollkommenes Kunstwerk schaffen zu können.
Er führt diesen Gedanken weiter mit den Worten:
„Welch Glück, dass ich in meinem Innern fand / Ein solches Feuer, um mich zu erneuern…“
Damit kann letztendlich jeder Mensch als sein eigener Bildhauer gedacht werden, der sich formt und gestaltet. Daher haben wir diese Worte auch als Titel für unser Programm gewählt.
Den Abschluss des Programms bildet wieder die Darstellung eines Prosatextes, diesmal aus einem Vortrag von Rudolf Steiner. Hier wird noch einmal die Idee des sich entwickelnden Menschen aufgegriffen und es tritt der Gedanke hinzu, dass aus den Herzen der Menschen auch Antworten auf die Fragen des Weltalls entspringen können und das Weltall womöglich gerade auf diese Antworten wartet… Damit ist die Frage des Menschseins noch einmal in ein neues, gegenwärtiges Licht gerückt: Erschöpft sich unsere Rolle als Menschheit damit, dass wir die Spezies sind, die die meisten Ressourcen verbraucht, oder haben wir dem Kosmos auch etwas zu geben?
Neben den bisher genannten Autoren enthält das Programm auch Texte von Raffael (Raffaello Sanzio da Urbino) und Heinz Schimmel sowie Musik von Ludwig van Beethoven, Béla Bartók und Franz Schubert.